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der Torso einer Krankenschwester, die einen Kittel und ein Stethoskop trägt und die Arme verschränkt

Medizinisch geprüft Dieser Artikel wurde von einem der Sidekick-Ärzte überprüft.

Eine auf Brustkrebs spezialisierte Krankenschwester berichtet über ihre Erfahrungen und teilt sie mit Sidekick

Wir haben uns mit Schwester Ines zusammengesetzt, einer onkologischen Fachkrankenschwester, die viel Erfahrung in der Arbeit mit Menschen mit Brustkrebs besitzt.

Wir wollten von ihr wissen, wie Fachkräfte des Gesundheitswesens Menschen mit dieser Krebserkrankung unterstützen können, vor allem in Bezug auf die emotionalen Auswirkungen der Krankheit. Brustkrebs kann zu Problemen mit dem Körperbild und zu Identitätsproblemen führen, vor allem wenn es um Symptome wie Haarausfall geht. 

Schwester Ines sprach mit uns über die psychologischen Auswirkungen einer Brustkrebsdiagnose und erläuterte einige Möglichkeiten zur Bewältigung. 

Bleib dran und erfahre, wie du und deine Angehörigen es aus der Sicht einer Fachkrankenschwester schaffen könnt, mit der Brustkrebserkrankung besser umzugehen.

Hallo Schwester Ines, könnten Sie ein wenig über sich selbst erzählen, vor allem über Ihre Arbeit mit Menschen mit Brustkrebs?

Gerne. Ich bin Fachkrankenschwester für Onkologie seit 2001. Als gynäkologische Krankenschwester arbeite ich seit jeher mit Brustkrebspatientinnen zusammen, seit einigen Jahren in der onkologischen Tagesklinik eines Klinikums kümmere ich mich vorwiegend um Menschen, die eine Therapie aufgrund ihrer Brustkrebserkrankung benötigen.

Auf welche Weise unterstützen Sie Menschen, die mit Brustkrebs leben?

Hauptsächlich sehe ich mich als Kontaktperson zwischen dem behandelnden Ärzteteam und der Person mit Brustkrebs. Ich kümmere mich um das Therapievorgespräch, in dem der gesamte Ablauf besprochen wird.

Ich nehme mir viel Zeit, um Fragen zu beantworten und stelle Kontakte zu verschiedenen unterstützenden Berufsgruppen her.

Während der gesamten Therapie stehen wir den Betroffenen und deren Angehörigen zur Seite – persönlich und telefonisch.

Was sind einige der emotionalen Nebenwirkungen einer Brustkrebsdiagnose, derer sich die Betroffenen vielleicht nicht bewusst sind?

Das Schlimmste ist der Haarausfall. Man weint um seine Haare, weil sie oft sehr stark mit der eigenen Identität verbunden sind. Für Menschen, die damit zu kämpfen haben, stellen wir gerne im Vorfeld der Therapie den Kontakt zu einem Perückenmacher/einer Perückenmacherin her.

Wenn die Chemotherapie vorbei ist, haben die meisten Menschen lockiges und sehr weiches Haar, das bleibt aber nicht so. Wichtig ist: Die Haare wachsen nach und oftmals schöner als sie vorher waren.

Die psychische Belastung durch die Erkrankung ist eine weitere starke Nebenwirkung. Unsere Psychoonkologin bietet deswegen ihre Hilfe in Form von Gesprächsangeboten während der Therapie an. Dieses Angebot blocken einige zunächst komplett ab. Oftmals kommen sie aber später auf das Angebot zurück, was völlig in Ordnung ist. Die Betroffenen müssen ihren eigenen persönlichen Weg finden, wie sie mit der Erkrankung umgehen möchten und können. Manchen Menschen hilft das Reden, anderen dagegen nicht so sehr. 

Wichtig ist auch, dass du mit deinen Angehörigen kommunizierst. Sei offen ihnen gegenüber und bereite sie auf einige der Nebenwirkungen vor, die auftreten werden. Sprich mit deinen Angehörigen und sage ihnen, dass Nebenwirkungen normal sind. Scheue dich nicht, um Hilfe zu bitten, wenn du sie benötigst.

Welchen Rat würden Sie jemandem geben, der vor kurzem mit einer Brustkrebsdiagnose konfrontiert wurde?

Halte dich von Internetforen fern. Diese Horrorgeschichten, die da teilweise verbreitet werden, habe ich in meinen 40 Jahren Berufserfahrung noch nie erlebt.

Nurse Ines, Brustkrebs spezialisierte Krankenschwester

Menschen, die mit Brustkrebs leben, stehen oft unter großem Stress, der ihren Schlaf, ihre psychische Gesundheit und ihre Lebensqualität beeinträchtigen kann. Welche Möglichkeiten gibt es, damit umzugehen?

Die Psychoonkologin unterstützt mit ihren Gesprächen und zeigt den Interessierten Entspannungstechniken oder Yogaübungen. Leider ist es in Deutschland so, dass die Wartelisten von ambulantem Psycho(onko)logen lang sind. Deshalb wird das Angebot der psychoonkologischen Betreuung bei uns von vielen gerne in Anspruch genommen.

Es gibt eine Reihe an Schlafhilfen auf natürlicher Basis wie Baldrian oder Lavendel. Wenn es gar nicht geht mit dem Schlafen, dann kann das behandelnde Ärzteteam auch ein Schlafmittel verschreiben.

Zur Unterstützung der psychischen Gesundheit gibt es Selbsthilfegruppen. Diese sind aber in der Regel eher für Menschen zugänglich, die in Städten wohnen, als für Menschen, die auf dem Land leben.

Eine schöne Art der Unterstützung, die ich bei meiner Arbeit erlebe, sind die Freundschaften untereinander, die sich zwischen Menschen mit Krebs während der Chemotherapie entwickeln. Sie befinden sich in der Regel in unterschiedlichen Behandlungsphasen und können sich daher gegenseitig unterstützen und beraten. Das hilft vielen Menschen, die mit Brustkrebs leben sehr gut dabei, mit ihrer Erkrankung umzugehen, weil sie jemanden haben, der sie versteht und der genau das Gleiche durchmacht.

Nurse Ines, Brustkrebs spezialisierte Krankenschwester

Welcher Rat könnte Angehörigen von Brustkrebspatientinnen helfen, die ihre Angehörigen während der Behandlung bestmöglich unterstützen möchten?

Wenn Angehörige zu einem Gespräch ins Krankenhaus mitkommen (was an sich schon eine großartige Form der Unterstützung sein kann) sage ich ihnen immer, dass ihre geliebte Person nicht mehr dieselbe sein wird wie vorher.

Wenn jemand mit einer Krankheit wie Brustkrebs lebt, können andere Charakterzüge zum Vorschein kommen und Nebenwirkungen auftreten. Das ist ganz normal und sie sollten versuchen, es nicht persönlich zu nehmen. Es gehört einfach zu den emotionalen Begleiterscheinungen der Krankheit dazu.

Was sind wichtige Dinge, die Menschen während ihrer Brustkrebsbehandlung beachten sollten?

Versuche dein Leben so zu leben, wie du es vorher getan haben. Es wird nicht immer gehen, dass du 100 % geben kannst, aber das ist völlig okay. 

Eine Sache ist sehr wichtig: Du solltest auf jeden Fall weiterhin körperlich aktiv bleiben. Spazierengehen, Fahrradfahren, Gymnastik oder in eine Sportgruppe gehen und nebenbei noch neue soziale Kontakte knüpfen. Eine leichte, moderate körperliche Aktivität wird dir guttun. Alles wovon du sagen kannst: „das hat mir gutgetan“, das sollst du auch wirklich machen!

Menschen, die an Brustkrebs erkrankt sind, haben oft mit ihrem Körperbild und ihrer körperlichen Erscheinung zu kämpfen.
Welche Unterstützung gibt es für Brustkrebspatientinnen, die mit ihrem Selbstwertgefühl zu kämpfen haben?

Es ist sehr unterschiedlich, wie die Menschen mit ihrer Diagnose und der anschließenden Therapie in ihrer individuellen Lebenssituation umgehen. In den allermeisten Fällen wird brusterhaltend operiert, nicht wie früher, wo die betroffene Brust amputiert wurde. 

Sollte die Brust nach der Tumorentfernung nicht mehr die gleiche Fülle wie die andere Brust haben, können speziell angefertigte BH-Einlagen dies sehr gut kaschieren. Die meisten empfinden diese Lösung als angenehm und vollkommen okay.

Bei Brustamputationen wird je nach Wunsch der betroffenen Person ein Brustaufbau angeboten. Dieser erfolgt entweder durch ein Implantat oder eine Verschiebeplastik mit eigenem Muskelgewebe. 

Heutzutage kann ein sehr ästhetischer Brustaufbau durchgeführt werden. Zwischen beiden Brüsten sind nach der Operation keine optischen Unterschiede erkennbar, sodass die Frauen meist sehr zufrieden sind.

Das Brustkrebs-Programm von Sidekick Health konzentriert sich stark auf Lebensstilfaktoren wie körperliche Aktivität, Achtsamkeit und Schlaf.
Warum sind Lebensstilfaktoren wie diese ein so wichtiger Bestandteil der Brustkrebsbehandlung?

Diese Faktoren stehen in einem engen Zusammenhang und können einen großen Einfluss auf die Lebensqualität insgesamt haben. In einer Ausnahmesituation wie einer Krebserkrankung ist es noch um einiges wichtiger, auf seinen Körper und dessen Bedürfnisse zu achten. Denn: Die Phase der Brustkrebserkrankung erfordert eine Menge Kraft von den Betroffenen, sowohl mental als auch physisch. 

Nimm dir deshalb Zeit für dich und deinen Körper. Umso fitter du zur Therapie gehst, desto wahrscheinlicher ist ein komplikationsärmerer Therapieerfolg und das Geringhalten von zusätzlichen Nebenwirkungen.

Viele Betroffene achten selber darauf, was ihnen zu viel ist und was sie gerade einfach nicht schaffen. Die Beantragung einer bezuschussten Haushaltshilfe kann dabei eine große Erleichterung sein.

Bei Betroffenen mit minderjährigen Kindern: Wie kann dort die Kommunikation zwischen Eltern und Kindern gelingen, damit zur Sorge um die eigene Erkrankung die Unsicherheit im Umgang mit den Kindern so gering wie möglich gehalten werden kann?

Wenn Kindern die Erkrankung kindgerecht erklärt wird, ist das besser als zu lügen. Psychoonkologen können bei den Gesprächen unterstützen. Weiterhin gibt es kindgerechte Bücher für verschiedene Altersstufen, die ihnen die Erkrankung erklären können. Über Krankheit und Tod kann auch mit kleinen Kindern in einem ihrem Alter entsprechenden Rahmen gesprochen werden.

Wenn du mit Brustkrebs lebst, informiere dich gerne, in welcher Form dich das Sidekick Brustkrebsprogramm persönlich unterstützen kann. Es wurde von Menschen mit Krebs für Menschen mit Krebs entwickelt. Erkunde hier unsere Programme und finde noch heute deinen Sidekick.

Über den Autor

Molly Perkins

Herausgeberin von Living Well

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